Interview Aurélien Lefort

Interview Aurélien Lefort

Weingut 

Gründung: 2012
Fläche: um die 2 Hektar
Produktion: zwischen 2000 und 4000 Flaschen
Weinbaugebiet: Auvergne
Gemeinde: Madriat
Lagen: Le Pré clos (30 Ar), Les Jalades (6 Ar), Lamouret (29 Ar), Le Bachat (40 Ar), Les Chirouzes (7 Ar), La Quaire (12 Ar), La Condami (10 Ar), Le suquet (21 Ar)
Rebsorten: Gamay d'Auvergne, Pinot noir, Chardonnay
Boden, Typizität: Roter Lehm, Schwarzer Lehm, Granitsand, Sandstein, Quarz, Feldspat, Basalt
Meereshöhe, Exposition: Hänge und leichte Gefälle, Ausrichtung nach Osten, Süd/Ost, Nord/Ost, Süden, Höhe zwischen 500 und 700 Metern.
Arbeit im Weinberg: Alles von Hand, verschiedene Rebschnitte (Gobelet, Guyot, Royat), Wildbegrünung, gezielte Bodenbearbeitung mit der Spitzhacke, Behandlungen mit Kupferoxid, vulkanischem Schwefel, verschiedenen Kräutertees aus auf dem Gut gepflückten Pflanzen (Schachtelhalm, Wiesenkönigin, Beinwell, Brennnessel, Salbei, Serpolet, Rue, Lorbeer, ...).
Methoden Kellerei: Natürliche Weinbereitung ohne Zusatzstoffe. Verzicht auf den Einsatz von Strom und önologischen Produkten. 

Winzer

Erster Kontakt mit der Rebe - wann, wie, wo
Ich kam 2011 nach einem zweijährigen Praktikum als Lehrling im Departement Loir-et-Cher (Maison Brûlées - Pouillé) in die Auvergne. Als ich Winzer:innen und deren Weine, wie Patrick Bouju, Vincent & Marie Tricot, Jean Maupertuis und Pierre Beauger kennenlernte, konnte ich die Idee des Niederlassens in dieser wunderschönen und kontrastreichen Vulkanlandschaft in Betracht ziehen. 
Die Dinge haben sich nach und nach offenbart und tun es noch immer. 
Von den ersten Schritten als zeitweiliger Weinbauarbeiter mit zwei kleinen Parzellen (30 Ar) als Versuchsfeld, die mir Patrick Bouju auf dem Puy de Corent überlassen hatte, entwickelte sich die Situation allmählich zu einer eklektischen Parzellierung von verlassenen Weinbergen, die nicht mehr genutzt wurden oder die andere aufgrund des unpraktischen Zugangs und der Mechanisierung oder der mangelnden Produktivität nicht übernehmen wollten. Seit 2014 sind sie alle in dem geografischen Gebiet der Appellation Boudes Côtes d'Auvergne zentralisiert, wo wir heimisch geworden sind, ohne es wirklich zu planen. 
Seit 2012 hat sich die Anbaufläche vergrößert. Die Parzellen umfassen etwa 2,5 Hektar, aber es lässt sich zum Verständnis relativieren, da es sich manchmal um Weinberge handelt, in denen viele Rebstöcke fehlen, in denen die Produktion zeitweise anekdotisch und verlangsamt ist, die Rebzeilen lückenhaft und breit.
Oder umgegehrt.
Ich schätze daher, dass sich die Parzelleneiheiten, gemessen an ihrer Produktivität, auf etwa 1 Hektar und 80 Ar beläuft.
Ab diesem neuen Jahr (2021) wird eine Pflanzung vorbereitet, bei der zunächst 1700 Rebstöcke pro Jahr in den nächsten 6 Jahren auf ca. 1,4 Hektar gepflanzt werden sollen, 
Dies könnte letztendlich zu einer in Produktion befindlichen Parzellengesamtheit von ca. 3 Hektar führen. 
Derzeit kann man die durchschnittliche Produktion je nach Jahrgang auf 5 bis 10 hl/ha schätzen. 
Im Laufe der Zeit und mit den jungen Weinstöcken in der Produktion sollten die Weinberge zwischen 10 und 20 hl/ha Früchte bieten. Das Ziel ist es, 5000 bis 6000 Flaschen pro Jahr zu produzieren. 
Die Methoden der Weinbergsführung werden sich allmählich auf die Bodenbearbeitung (Inter-ceps/ Kultivator) verlagern, um ein Gleichgewicht zwischen der Begrünung und dem Wachstum der jungen, heranwachsenden Reben zu fördern. 

Warum bist Du Winzer:
Ich glaube, die Verbindung zwischen meiner Aktivität als Kunstmaler/ Zeichner und dem Wunsch, den ich hatte, einen handwerklichen Beruf im Freien auszuüben, allein im Kontakt mit Pflanzen und der Landschaft, hat sich zufällig ergeben. 
Aus Vorliebe für die Transformation, in diesem Fall aus kultivierten Früchten, der Fermentation, hin zu einem spontanen und autonomen (flüssigen) Universum, das sich beobachten und interpretieren lässt, das man trinken könnte, um sich zu berauschen und zu vereinen. 
Es ist wie eine Berufung. 

Wo und mit wem hast Du gelernt mit Reben zu arbeiten, Wein zu vinifizieren und ein Weingut zu leiten: 
Zwischen der Bretagne und dem Cher-Tal, bis in die Auvergne und durch die vielfältigen Begegnungen, die sich ergeben haben und noch ergeben werden, denn es sollte nie aufhören, Neues zu lernen. 
Ich denke an einen Freund zurück, der Whisky und Wein liebte, als wir Kunststudenten in Quimper (Bretagne) waren. Ich mochte vor allem Whisky, und viel später zeigte mir dieser Freund, dass Wein leicht, subtil und komplex, erquickend und bekömmlich sein kann, gesellig, ohne euphorisch und dumm zu machen. Ich recherchierte, las, trank vor allem Wein und interessierte mich. 
Es waren dann enthusiastische und leidenschaftliche Weinhändler wie Olivier Cochard (Histoire de vins - Rennes) und Michel Tamisier (Cave 47 - Tours), die mich die lebendigen und aufrichtigen Weine von Winzer:innen wie Michel Augé, Patrick Bouju, Pierre Beauger, Philippe Jambon, Christophe Foucher, Anne-Marie Lavaysse, Alain Castex, Bernard Belhassen, Clos Fantine, Clos du tue-boeuf, Les Griottes, Hirotake Ooka, ... man kann nicht alle nennen, entdecken ließen. 
Ich habe versucht, diesen Winzer:innen zu begegnen, während ich gleichzeitig weiterhin ihre Weine erschloss.
Im Winter 2009/2010 besuchte ich Michel und Béatrice Augé (Les Maisons Brûlées), die mich nach einigen Monaten als Praktikant aufnehmen wollten, wenn ich eine Ausbildung zum Viti/Oeno (Amboise - 37) absolvieren würde, was ich zu Beginn des nächsten Schuljahres auch tat.
Von den ersten Handgriffen beim Ausbrechen der Triebe im Frühjahr 2010 bis zu meinem Abschluss im Juni 2011, entdeckte ich diese unermeßliche Welt, in der sich Disziplinen wie Agronomie, Landwirtschaft, Botanik, Geologie, Meteorologie, Chemie, Geschichte und Poesie überlagern. 
Ich werde von uneigennützigen Arbeiter:innen in den Rebschnitt eingeweiht, bei Michel und Béatrice Augé in die Verwaltung eines engagierten Weinguts, bei Samuel Boulay in die Weinbereitung und in die wechselseitige Dynamik von allen, die an der Herstellung dieser vor Leben sprühenden Weine beteiligt sind.
Nach meinem Abschluss geht es aus dem Cher-Tal in Richtung Puy-de-Dôme, angezogen von seinen Landschaften, dem Licht, den Winzer:innen und ihren Weinen. 
Patrick Bouju, François Dhumes, Pierre Beauger usw. ... nicht weit von ihnen lerne ich die eigene Arbeit in kleinen, gerade erst angeeigneten Parzellen kennen, verstehen und weiterentwickeln.

Gibt es ein Team, oder arbeitest Du allein: 
Allein. 
Aber es ist auch die Gesellschaft von Menschen, die kommen, um zu verstehen, die bei der Weinlese, der Weinbereitung und den verschiedenen Arbeiten in den Weinbergen und im Keller mithelfen. 
Man ist nie ganz allein, und einige Freiwillige bringen einem so viel Energie, Fürsorge und Freundschaft entgegen.

“Rebe”, was bedeutet das für Dich, oder was fällt Dir spontan ein: 
Eine verrückte Pflanze. 
Lichter, Schwingungen, Seele und Sorgen. 
So irdisch und flüchtig zugleich. 
Hoffnungen, Zerwürfnisse und ein enthaltsames Wunder. 

Was ist Deine Inspiration bei der Vinifikation:
Die allgemeine Situation und Stimmung während der Weinlese, die Reife und Morphologie der Trauben. 
Wie der Sommer verlaufen ist.
Die unmittelbaren klimatischen Bedingungen. 
Aber auch der Wunsch, etwas Unbekanntes zu entdecken.

Ein wichtiger Aspekt Deiner Arbeit im Weinberg:
Die Natur auf dem Feld wahrzunehmen, nicht zu viel Einfluss auf die Umgebung zu nehmen und gleichzeitig zu verhindern, dass die Weinstöcke unter dem verschwinden, was sie überdecken könnte, nämlich dem Wald. 
Es ist ein seltsames Paradoxon, das Domestizierung und Produktivität vereint, aber auch Bewunderung und Respekt für das Wilde und den Wunsch, dort ein Einheimischer, ein Helfer zu werden. 
Und gleichzeitig zornig, in dem Fall, dass die Vögel mir nichts hinterlassen haben. 
Es gibt zugleich eine ungestüme, animalische Beziehung, die aber auch einen Ästhetizismus und ein Kapital pflegt. 

Welche Materialien und Formen bevorzugst Du im Keller für Gärung und Reifung und warum:
Ich mag Werkzeuge, die leicht zu transportieren und zu reinigen sind, wenig kosten und gut gepflegt sind, die klein und für kleine Mengen geeignet sind. Ich mag es auch, wenn man sehen und fühlen kann, was man tut. 
Außerdem, zum Beispiel, ziehe ich einen Eimer einer Pumpe zum Umfüllen von Säften vor. Ich habe das Gefühl, dass ich selbst das Werkzeug bin, anstatt von etwas abhängig zu sein, das bereits dafür vorgesehen ist. 

Der Charakter Deiner Weine:
Das ist schwer zu sagen. Andere Menschen, die meine Weine trinken, sind sicherlich besser in der Lage, diese Frage zu beantworten. Aber ich würde sagen, dass sie zwischen zivilisiert und wild schwanken. Das ist zumindest die Problematik, die ich mit diesem Beruf anzugehen versuche. 

Winzer:innen, die Du schätzt: 
Es gibt mehrere, aus ebenso vielen Gründen, wie ich ihre Arbeit, die Weine, die Landschaft, in der sie sich bewegen, und ihre politische und poetische Sicht der Welt schätze. 
All das hängt mit den Entscheidungen zusammen, die jede:r von ihnen getroffen hat und wie sie die Zukunft gedenken.

Hast Du einen Lieblingswein:
Nicht wirklich. Alles kann kommen und auch wieder gehen. Aber es gibt vor allem Momente, in denen sie sich entdecken lassen. 

Wenn Du die Möglichkeit hättest eine Gegebenheit bezüglich Deines Weinbergs oder Deiner Weinkellerei zu ändern, was wäre das:
Ich werde versuchen, diese Idee zu untermauern, dass Natur und Landwirtschaft zusammenpassen und sich nähren können. 
Es ist keine Veränderung im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Dynamik, eine Entwicklung, die mit dieser Idee verbunden ist, dass die Weinberge nicht die einzigen in diesem kleinen Gebiet sind, in dem wir darauf bestehen, dass sie wachsen.
Was ich für wichtig zu erwägen halte, ist, dass innerhalb eines Weinbergs eine, oder mehrere andere Kulturen möglich sind. Anpflanzungen von Obstbäumen, Kräutern, Hülsenfrüchten, Getreide, aber vor allem alte und autochthone Sorten. 
Polykultur. 
Das ist das, was ich ändern möchte, wenn es um den Anbau von Wein geht: Er sollte Teil eines kulturellen Entwicklungsprojekts sein, das vielfältig ist, viele verschiedene Arten einbezieht und vor allem die berücksichtigt, die bereits in der Landschaft verankert sind, eine autochthone, einheimische, winterharte Vegetation. 
Dasselbe gilt für die Gebäude und den Garten. Vielfalt und Auswahl der Materialien (Holz, Metall, Steine) und Individuen (Pflanzen, Bäume, Tiere).
Der Bau eines Brunnens (Quelle) auf einem der Grundstücke scheint mir ebenfalls ein wichtiger Teil zu sein, der in diese Neugestaltung integriert werden sollte. 

Klimawandel:
Der Planet Erde erlebt seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen gewaltigen Umbruch, der auf die industrielle Aktivität zurückzuführen ist.
Die Umweltverschmutzung ist enorm und man weiss nicht was, das Plastik, das Kohlenmonoxid, das Erdöl, die Insektizide, die Biozide, die Extraktionen, die Entwaldung usw., usw., usw…
Die globale Erwärmung ist für die Bevölkerung schwer zu interpretieren, verstehen wir, dass es immer wärmer wird?
Das Problem ist sehr komplex und wird alle Lebewesen betreffen. Es verschärft sich durch die Verarmung aller Ressourcen und des Lebens auf der Erde und die Schäden, die dies mit sich bringen wird. 
Ich glaube, dass wir das Bewusstsein, die landwirtschaftlichen Praktiken, die Verhaltensweisen von Bürger:innen und die Konsumreflexe wirklich ändern müssen. 
Es ist auch Aufgabe der öffentlichen Hand, mit Gesetzen einzugreifen, um chemische Gifte, die buchstäblich die Erde und die Ozeane töten, schnell zu verbieten und echte Lösungen im Bereich Energie und Verbrauchsgüter anzubieten. Aber sie tun nichts, also liegt es an jedem Einzelnen von uns, sich zu engagieren. 
Die Bürger:innen müssen sich auf die eine oder andere Weise engagieren, sich lokal versammeln, kultivieren, austauschen, konstruieren, mit Überlegungen zum Konsum, zur Landwirtschaft, zur Artenkenntnis, zur Vielfalt und zu ihrer Rolle in der Natur. 
Auch die Schule hat eine Rolle zu spielen, um den Kindern all diese wesentlichen Disziplinen zu vermitteln, und die Pädagogik sollte sich auf den Begriff des Respekts und der Entfaltung des Lebens konzentrieren. 
Die globale Erwärmung ist kein unabwendbares Schicksal, sondern unser Blick auf die Welt und unsere Praktiken müssen sich weiterentwickeln. 

“Naturwein”:
Natürlicher Wein ist für mich ein freier Wein. Das bedeutet, dass es bei seiner Herstellung keine Einschränkungen gibt und dass nur Sorgfalt und Ausgewogenheit das Ziel sein sollten, und das beginnt bei den Reben, bei dem, was wir ihnen an Informationen geben. Wie man sich entscheidet, seine Parzellen zu bewirtschaften, dorthin zu gehen und sich über das, was dort geschehen ist, zu freuen, wenn man wieder geht. Dieses Gefühl, das einen für eine gut gemachte Arbeit belohnt.
Keine Chemie, gesunde Pflanzen auf lebendigen Böden, feinfühlige Handarbeit. 
Von der Rebe bis zur Flasche. 
Dann allerdings, wie wir uns entscheiden, zu vinifizieren. 
Aus Trauben, die man liebt. Wenig oder keine Manipulation, um die Frucht nicht zu beschädigen, damit sie ihre Unversehrtheit behält. Keine abrupten Bewegungen. Und viel Zeit. 
Es ist etwas Intimes, das einen begleitet. Wenn der Wein im Keller gärt, ist es, als würde man in der Nähe eines Lebewesens leben, einer Entität, die man mit großer Sorgfalt pflegt. 
Ich bin froh, dass ich deshalb über meinem Weinkeller lebe, denn unter unseren Füßen brodelt ein Leben mit wahrhaftigen Düften. 
Ich versuche, denjenigen, die den Wein trinken, dieses Gefühl zu vermitteln, einen intimen, duftenden Moment mit einem beruhigenden Rausch.  
Das ist für mich ein natürlicher Wein. 

Projekte und/ oder Utopien:
Die bevorstehenden Anpflanzungen. 
Realisationen an kleineneren Gebäuden. 
Einen kleinen Kebabladen zu Hause eröffnen. 

"Lass uns unseren Garten bewirtschaften".

Ein netter Ort, um Wein zu trinken:
In unseren Lieblingsrestaurants. 
Ich kann es kaum erwarten!

 

 

Madriat, Janvier 2021


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